Die nun aufkommende Epoche meines Lebens stellte mich vor ganz neue Probleme: Ich musste eine zunehmende Vertrollung meinerseits feststellen. Ich funktionierte praktisch ansatzweise wie eine kreative Maschine – hatte ich das gewollt? Ganz nebenbei veränderte sich mein Charakter. Er nahm einen gierigen Ausdruck an. Unterstützt wurde das von einer ganzen Reihe von Engelchen, die einander auszustechen versuchten und dabei von den widerwärtigen Eigenschaften guter Praxismenschen unterstützt wurden, die mir grundsätzlich ungelegen kamen...aber so ist der Mensch!

Mit Angelina hatte ich ausgemacht, daß wir einen weiteren Zauber-Abend anberaumen würden, wo sie sich nun tatsächlich so in meine Halluzinationen einfügen würde wie Gott sie schuf. Pansteh würde sie also nun tatsächlich komplett bloßlegen! Elidana wirkte geschickt aus dem Hintergrund, wo sie mir ausrichten ließ, daß sie an geheimen Treffen interessiert sei und zusätzlich kam noch eine neue Sirene hinzu, die Nassunne hieß, blond war und künstlerisch nicht ganz unbegabt. Alles zusammen sollte ein hochkompliziertes Gemisch ergeben, das sich durchaus als explosiv herausstellen sollte. Den ersten Schlag ins Kontor führte Perta, die weder wollte, daß alle Schöneren als sie selbst, wenigstens nicht mit ihrer Hilfe, oder der Panstehs zum Zuge kommen sollte. Sie boykottierte das geplante Treffen mit Angelina, indem sie mir einfach nicht ausrichtete wann es stattfinden konnte.

Ich glich meinen Frust mit Nassunne aus, die ohne überflüssige Scham splitternackt vor mir im Atelier tanzte, wobei Pansteh, als Teufel oder Gentleman verkleidet, ihr kurzerhand immer wieder die Kleider vom Leib riss, damit nichts von dem Wunder der Schöpfung an Nassunne verborgen blieb. Die stets anwesende Dingsbums kochte vor Wut, schlug Türen zu und gab sich im höchsten Grade unfreundlich, allen gegenüber, die freundlich zu mir waren. Und das dehnte sich zunächst nicht nur auf die Tänze der Schönen aus, sondern bezog auch meine anderen Unternehmungen, die ich sonst noch absolvierte mit ein.

Dingsbums überlegte angestrengt wen sie zuerst ignorieren oder angreifen sollte, denn sie war schlau und wollte sich keinesfalls die Sympathien eventueller Helfer-Kreaturen, wie z.B. Schlaudia, Nanana, oder von Leuten aus deren näherem Umfeld verscherzen. Deshalb hatte sie auch keine Einwände als ich mit Guntram und Senfjo zum Trollen fuhr. Wir waren meist mit dem Rad unterwegs. Wir suchten Plätze auf wie Hügel außerhalb der Stadt wo wir eine gute Aussicht hatten, oder Waldlichtungen, wo ich ungestört agieren konnte. Senfjo und Guntram waren geradezu süchtig nach diesen nächtlichen Treffen. Denn es gab für sie einiges zu sehen!

Wenn der Himmel zwar leicht bewölkt war, aber dennoch große Lücken aufwies, dann hob ich, der Troll, die Hände und schob sie beiseite, damit die Sterne sichtbar wurden. Das beeindruckte die Herren noch nicht besonders. Aber als ich mit dem Finger auf eine Stelle am Firmament zeigt und dort plötzlich ein neuer Stern entstand, den ich mit dem Finger über das Himmelszelt lenken konnte, da staunten sie schon. Das Glück war mir eben hold. Und es war das Glück welches aus der Macht der Elfen erwuchs, die eigentlich Aliens waren, die mich in meinen seltsamen Ambitionen zu unterstützen gedachten...ich war der glücklichste Mensch, Pardon, Troll der Welt!

Manchmal durfte ich meinen Größenwahn sogar maßlos übertreiben. Dann erzeugte ich einen Blitz, der sich kreisrund um den ganzen Horizont spannte, ich ließ Lichter wie Libellen miteinander spielen, sich jagen, ohne, daß es zu einer Kollision gekommen wäre. Auch Lichtbälle, die scheinbar aus dem Nichts kamen, riesengroß wurden und daraufhin auf mein Zeichen wieder im Nichts verglühten, konnte, durfte ich erschaffen. Zum ersten Mal war ich froh darüber ein Troll zu sein, obwohl mir eines echt abging: Meine Begleiter erfreuten sich mit mir an der Großzügigkeit meiner Verbündeten, aber die vergaßen auch schnell wieder was sie gesehen hatten.

Es gab für sie keinen reellen Grund sich etwas zu merken was nicht zu ihrer täglichen Alltagsbewältigung beitrug. Dadurch erhöhte sich nicht ihr Lohn, ihr Gehalt, deswegen wurden sie nicht befördert oder mehr geliebt als bisher. Ich musste also feststellen, daß Menschen also Nichttrolle immer nur bis zum Tellerrand denken konnten, aber einfach nicht die Phantasie besaßen sich größere Zusammenhänge, gravierende Hintergründe, oder eine tiefere Bedeutung des Gesehenen vorzustellen. Dies sollte mir später noch zu schaffen machen. Doch der Augenblick war gut zu mir, so daß ich ebenfalls keine Lust verspürte an die Zukunft zu denken.

Der Zauber des Augenblicks hüllte mich ein – mehr noch als mein Publikum, das letztlich aus der Realität primitiver Einsichten kam und auch dorthin wieder zurückkehren würde, wenn der „Film“ aus war. Es gelang mir nicht, mit Hilfe des Holodecks, das Verlangen in meinen Freunden nach einer eigenen, selbst gestalteten Welt zu entfachen, in der so manches mehr möglich sein würde, als man im gewöhnlichen Alltag vorfindet. Dies war ein kleiner Wermutstropfen auf meine nächtlichen Taumel-Erlebnisse im zweifachen Freundeskreis, aber ich glaubte an meine Talente und hatte somit keine allzu großen Bedenken mein/das Leben gestalten zu können... Und noch jemand schien an meine Talente zu glauben.

Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  21

© Alf Glocker


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